Duft International

Frédéric Malle: “Une Rose” – für entschiedene Frauen


Erst mal vorweg: Keine Angst vor Rosen-Düften! Es ist ja ein weit verbreitetes Vorurteil, dass Rosendüfte nach alten Damen riechen würden. Aber wer weiß, ob alte Damen wirklich so riechen? Denn es ist ganz schön fragwürdig, was alles als Rosenduft deklariert wird, wenn darin nicht mal ein Tropfen Rosenöl enthalten ist.

Rosendüfte müssen auch nicht immer lieblich, feminin und nur floral sein. Nein, es gibt auch Rosendüfte, bei denen man an starke und unabhängige Menschen denken muss.

Ich möchte euch heute ein faszinierendes Duft-Konzept des Parfum-Editeurs Frédéric Malle vorstellen, das es seit 2001 gibt. Denn vielleicht habt ihr euch schon gefragt, warum auf dem Flakon Edouard Fléchier und nicht Frédéric Malle steht?  


Die intellektuelle Umgebung im Viertel St. Germain des Près brachte den Parfumeur Frédéric Malle auf die Idee, sich als Verleger von Parfums zu begreifen und die “Editions de Parfums” zu gründen. Die Boutique in der Rue de Grenelle befindet sich schließlich ganz in der Nähe des Verlagshauses Gallimard.

Unter seiner Obhut entstanden auf diese Weise ca. 20 ausgewählte Parfums, die von berühmten Parfumeuren (sog. “Nasen”) komponiert wurden. Diese werden von Frédéric Malle beauftragt und mit einem kreativen Freibrief aufgestattet. Dadurch haben die Parfumeure die Möglichkeit, ungewöhnlichere Düfte zu entwerfen.

An diesem Konzept wird gleich deutlich, dass es Frederic Malle nicht um Düfte geht, die für den Massenmarkt geeignet sind. Seine Düfte sind nicht vordergründig und leicht zu konsumieren, sondern anspruchsvoll und individuell. Er setzt nicht auf eindimensionale Parfums mit einer beliebigen Kopf- und wenig Rückhalt in der Basisnote.

Die Ergebnisse dieses Experiments sind in der sehr geschmackvoll eingerichteten Boutique zu beschnuppern. Das Heraussuchen eines Duftes nimmt einige Zeit in Anspruch und ist immer wieder ein Erlebnis. Ich kann euch nur empfehlen, einmal eine Boutique von Frédéric Malle zu besuchen, wenn ihr in Paris seid.

Erst erklärt man der Verkäuferin, welche Duftrichtungen für einen prinzipiell in Frage kommen und was man sich so vorstellt. Sie schlägt einem dann Düfte auf Duftstreifen vor, um das Gebiet grob abzustecken. Die Düfte, die nach dieser Vorauswahl in die engere Wahl kommen, werden dann in raumhohen, gläsernen Duftröhren dispensiert, in die man seinen Kopf hält. Dadurch kann man sich die Raumwirkung eines Duftes viel besser vorstellen.

Erst zum Schluss probiert man das Parfum seiner Wahl auf der Haut und kann dann beurteilen, wie es sich bei einem entfaltet.

Die Düfte kommen in einem einheitlichen, schlichten, aber hochwertigen Flakon, der in einem Umkarton…

…und einem festen, sehr hochwertigen Pappkarton verpackt ist:

Der Duft “Une Rose” wurde von Edouard Fléchier komponiert und 2003 herausgegeben. Fléchier ist ein berühmter Parfumeur, der z.B. “Poison” von Dior entwickelt hat. Heute arbeitet er für das Haus Guerlain.

Wonach riecht also “Une Rose”?

Natürlich nach Rose. Aber eben nicht nur. Fléchier hat sich für die türkische Rose entschieden, die zusammen mit Geranium ausbalanciert wird. Eine klassische Kopfnote kann ich nur schwach feststellen, als frisch oder grün würde ich das Parfum sowieso nicht bezeichnen.

Schon nach einigen Minuten dringt man dann ins Herz des Parfums vor. Ich würde den Duft nicht als süß bezeichnen, obwohl er etwas Honighaftes und Wärmendes hat.

Die Rose, die Fléchier eingefangen hat, wächst in einem Garten, der erdig (Vetivernoten) und leicht nach dornigen Rosensträuchern und -blättern riecht.

Diese Noten gehören dann schon zur Basisnote, in der die Rose von einer trockenen und würzigen, aber nicht scharfen Holznote begleitet wird. Riechbar sind für mich auch Amberanklänge sowie Noten nach dunklem Rotwein. Richtig sexy wird der Duft durch die animalische Note, die wahrscheinlich durch das (nicht tierlich hergestellte, sondern nachgebaute) Castoreum entsteht. (Ich habe “Bibergeil” noch nie pur gerochen, aber mache mir aufgrund der Beschreibungen eine Vorstellung davon.) Der Duft der Rose bleibt jedoch immer Mittelpunkt, selbst wenn die anderen Noten stärker werden.

Ich empfinde den Duft als sehr sinnlich, weil er sich wunderbar mit meiner Haut verbindet. Es ist kein verspielter, leichter, lieblicher Rosenduft, sondern als charaktervoll, würzig, ernsthaft und stark zu beschreiben. Das dunkle Rosenparfum ist komplex aufgebaut und braucht seine Zeit, bis er sich entwickelt hat. Der Duft hält über den gesamten Tag und verfliegt nur langsam.

Die in der Überschrift gewählte Formulierung, dass “Une Rose” zu “entschiedenen Frauen” passt, mag etwas ungebräuchlich klingen, aber ich fand es treffend.

Übrigens kann ich mir den Duft auch an Männern sehr gut vorstellen. In Westeuropa gelten Rosendüfte eher als feminin, das ist z.B. im Nahen Osten schon ganz anders. Florale Noten finden aber auch bei uns immer mehr Eingang in die Welt der Männerparfums.  “Voleur de Roses” von L’Artisan Parfumeur ist ein exquisiter Männerduft, der Rosennoten mit Holz und Vetiver wunderbar vereint.

Aber zurück zu “Une Rose”.

Mein Flakon enthält noch Eichenmoos-Extrakt, das wegen seiner hochallergenen Eigenschaften seit 2010 von der EU verboten wurde. Allerdings ist dieses Verbot sehr umstritten, da dadurch ein wichtiger und traditioneller (seit der Antike eingesetzter) Stoff in den Parfums wegfallen muss, der zum Beispiel für Chypre-Düfte essentiell ist.

Die Intensität der Komposition ist hoch, das Parfum beinhaltet 25% Duftölanteil. “Une Rose” gibt es nur in dieser Konzentration, nicht als Eau de Toilette. Ich sprühe es nicht zu üppig auf, weswegen ich mit einem Flakon über einige Winter komme.

Auch die anderen Düfte von Frédéric Malle sind bemerkenswert. Die außergewöhnliche Tuberose dominiert den Duft von “Carnal Flower”, einem sehr strikten und zugleich verführerischen Parfum. “Angélique sous la pluie” riecht erdig, holzig, krautig wie die Natur nach einem Regenschauer, gleichzeitig erfrischend und leicht scharf.  “Le Parfum de Thérèse” ist für mich ein klassisches 50er-Jahre Parfum. Da alle Düfte von unterschiedlichen Parfumeuren konzipiert wurden, bieten die “Editions Frédéric Malle” ein großes Spektrum an Düften. Sehr hilfreich finde ich seine Übersicht, in der die Düfte kategorisiert wurden.

Die Parfums sind alle sehr erwachsen und die Preise sind es dementsprechend auch. Jedes Parfum hat seinen eigenen Preis, da die verwendeten Duftöle unterschiedlich teuer sind. Ein 50ml-Flakon des Flakons “Une Rose” kostet 130 EUR. Das ist zwar teuer, aber es ist eben ein Parfum (und kein Eau de Parfum oder Eau de Toilette). Und echtes Rosenöl ist auch darin enthalten 😉 .

Bodylotion und Seife vervollständigen die Duftlinie. Soweit ich mich erinnere, fand ich die Inhaltsstoffe der Bodylotion erschreckend billig für den Preis. Meiner Meinung nach lohnt es sich viel mehr, in einen Parfum-Flakon zu investieren. Für die Handtasche gibt es kleinere Flakons mit Refills.

Erhältlich sind die Parfums in den drei eigenen Stores in Paris, die das vollkommene Dufterlebnis bieten. Auch in New York gibt es einen eigenen Laden. In Deutschland werden die Düfte von ausgewählten Departmentstores bzw. Parfumerien in sechs Städten geführt. Auch via Online-Bestellung sind die Düfte erhältlich.

Mein Fazit: Nachdem ich mich schon so lange mit Parfums beschäftige, können mich die üblichen Parfums der großen Marken bis auf  wenige Ausnahmen nicht mehr locken. Sie riechen für mich langweilig und sehr standardisiert, abhängig von der jeweiligen Mode.
“Une Rose” ist seit Jahren mein bevorzugtes Lieblingsparfum im Winter, im Sommer mag ich es lieber leichter. Ich finde den Duft anspruchsvoll und individuell, aber nicht zu unzugänglich. Edouard Fléchier hat es geschafft, die Balance zu halten und nicht zu überdrehen.
Außerdem mag ich handwerklich hergestellte (“artisanale”) Parfums, weil ich finde, dass die Komposition eines Duftes eine hohe Kunst ist und ich die Erhaltung dieses Handwerks unterstützen möchte.

Haben sich eure Duftvorlieben mit der Zeit auch verändert? Sind euch Düfte wichtig? Kauft ihr eher spontan Parfums oder lasst ihr euch Zeit? Verwendet ihr mehrere Düfte parallel oder habt ihr einen Signature-Duft? Beeinflussen euch die Jahreszeiten?

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5 Kommentare

  1. keimonish sagt am 11. Januar 2011

    Du hast das Parfum sehr aschaulich beschrieben. schade, dass man hier keine Duftprobe riechen kann :-), obwohl ich es mir annähernd vorstellen kann und einen bestimmten Duft “in der Nase habe”, wenn ich das lese. Denn Vetiver und Rose zusammen, kann ich nachvollziehen. Eigentlich ein Widerspruch, wie ich meine aber klingt sehr interessant.
    Da Du schreibst, dass er Deiner Meinung nach, auch für Herren geeignet ist, kann ich ihn mir auch für mich vorstellen, weil ich oft Herrendüfte bevorzuge, wenn ich welche kaufe (oder von meinem Mann abstaube 😛 :-))
    der 2. Duft„Angélique sous la pluie“ klingt für mich auch interessant, denn erdig, krautig, holzig, sind so meine Duftnoten, die mich interessieren.
    Meine Parfumgeschichte ist sehr schwankend. In einem bestimmten Berufsabschnitt, hatte ich viel mit Gerüchen zu tun, die zwar menschlich waren aber mich trotzdem belasteten. Will jetzt nicht näher darauf eingehen. In DER Zeit war ich richtig süchtig nach Parfum und hab gleichzeitig vllt. 20 verschiedenen Düfte zu Hause gehabt und sie auch benutzt. Als sich dann mein Berufsbild änderte, war es nicht mehr so und es hat sich mein Duftverhalten normalisiert 🙂
    Solche ausgefallenen, exclusiven Düfte wie Du sie beschreibst, hab ich zwar nicht,aber Düfte begeistern und interessieren mich. Ich hatte auch mal eine Phase, in der ich ala Hobbythek (ist jetzt nicht zu vergleichn, ich weiß *lach* ) Düfte selbst gemixt und mit einem Parfumbaukasten experimentiert habe.

    • Danke für das nette Feedback 🙂 , dass du die Beschreibung anschaulich findest. Es ist ja immer nicht so einfach, Düfte in Worte zu fassen und ich habe länger an dem Artikel gesessen.
      Ich war schon in meiner Teenie-Zeit Parfum-Junkie, keine Ahnung woher das kam. Auf jeden Fall habe ich mir immer Parfum zum Geburtstag/Weihnachten gewünscht, und meine Eltern haben mir dann Bücher zum Thema gekauft, weil ich so wild war *bin ein Nerd* . Als ich später gearbeitet habe, konnte ich mir auch teurere Parfums angucken und bin dann bei den Nischenparfums gelandet.
      Übrigens habe ich auch mal Parfums selbst hergestellt, weil ich einfach wissen wollte, wie es funktioniert. Finde ich super, dass du anscheinend auch so begeistert bist 🙂 . Meine ätherische-Öle-Sammlung steht zwar zurzeit etwas vernachlässigt herum, aber das Experiment hat mich definitiv weiter gebracht. Die Parfum-Erzeugnisse selbst waren eher *ähm* seltsam und schwierig 😉 , ich habe begriffen, das Parfum machen ein richtiges Handwerk ist, das man lernen muss.
      Zurzeit bin ich nicht in einer so heftigen Parfum-Phase, aber das schwankt bei mir immer.

  2. keimonish sagt am 12. Januar 2011

    Auch wenn ich mir im Mom so ein teures Parfum nicht leisten könnte und Weihnachten und mein Geburtstag nun erstmals vorbei sind :-(:-)….habe ich durch Deine Beschreibung und die Vorstellung, richtig Lust bekommen, mich auch mal wieder mehr mit dem Thema zu befassen.:-) Bücher dazu, hab ich auch.
    1. das von der Hobbythek und
    2. Essenzen der Schönheit
    3. “Parfüm, der Traum im Flacon”, in dem es um das Wesen und die
    Wirkung, die Wahl und die Verwendung klassischer und moderner Düfte geht. (vom “Duftexperten” Dr. J.St. Jellinek)
    Ich finde solches Grund-und Hintergrundswissen spannender und interessanter, als sich einfach nur ein Parfum zu kaufen, weil es jemand anderes gut findet, wie ich es auch schon oft in Blog`s gelesen habe.
    Die Düfte haben ja eine tiefe unterbewusste Wirkung auf uns und berühren die Seele.
    Von den Parfumdüften, bin ich übrigens zur Aromatherapie gekommen, mit der ich mich auch phasenweise beschäftige.

    Als ich das letzte Mal (war auch das 1. Mal) in Paris war, war shoppen für mich nicht “angesagt”, weil ich erstmal Paris etwas kennenlernen wollte. Jetzt bedaure ich, dass ich nicht wenigstens die Boutique in der Rue de Grenelle gefunden habe, um mir dieses Konzept anzusehen. Da ich aber kein Französisch kann, hätte mir das sicher auch wenig genutzt ?!:-/

    • Ging mir genauso: Nachdem ich diese Duftbeschreibung geschrieben haben, habe ich wieder richtig Lust bekommen, mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen! Meine Bücher liegen zu Hause, sobald ich wieder da bin, schreib ich dir mal, welche ich so habe und empfehlen kann.
      Ich kann schon verstehen, wenn man einen Duft kauft, weil die Marketingkampagne gut gemacht ist, ich zucke da schon auch manchmal. Aber ich glaube auch, dass Düfte eine tiefere Wirkung haben, die man nicht außer acht lassen sollte. Mit Aromatherapie habe ich mich auch nur kurz befasst, fand ich sehr interessant.
      Übrigens sprechen die bei Frederic Malle in der Boutique auch englisch, liegt wahrscheinlich daran, dass viele Amerikanerinnen große Fans sind. Die Verkäuferin war überhaupt sehr nett und wusste sehr viel. Das mit den Duftröhren ist einfach toll, weil der Duft dann schon eine ganz andere Wirkung hat als nur auf einem Duftstreifen. Ach ja, ich könnte schon wieder hin (aber da bleibe ich definitiv vernünftig, das ist jetzt nicht mehr drin). LG

  3. Pingback: Einkaufs-Guide: Beauty-Shopping in Paris « beautyjagd

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