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Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist es, die Bilder der aktuellen Modeschauen nach Makeup-Trends abzusuchen. Catwalk-Bilder in Modezeitschriften oder bei style.com üben eine starke Faszination auf mich aus.
Dabei ist mir aufgefallen, dass die Anregungen der Visagisten häufig kunsthistorisch inspiriert sind. Natürlich nicht nur, denn im Zuge der Retrowelle werden die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts besonders häufig zitiert. Aber daneben konnte ich auch schon öfter kunstgeschichtliche Inspirationen feststellen, gerade bei den “künstlerischeren” Designern wie Galliano oder Gaultier.
Deswegen möchte ich hier auf dem Blog in loser Folge einige Beiträge zu den Makeup-Trends in den vergangenen Jahrhunderten veröffentlichen. Ich werde dazu kurz die jeweilige Epoche vorstellen und die Merkmale des Schönheitsideals oder Makeups nennen, die auf Bildern abzulesen sind. Denn eigentlich sind Museen häufig auch nichts anderes als eine Sammlung der Catwalk-Bilder aus früheren Zeiten 😉 .
Bei diesem kleinen Projekt werde ich nicht chronologisch vorgehen, sondern nach Lust und Laune, was mir gerade einfällt. Beginnen werde ich mit der italienischen Renaissance.
Das Bild oben hängt als Plakat in meiner Wohnung, das Original jedoch in der Berliner Gemäldegalerie. Es wurde von Piero del Pollaiuolo (1443-1496) gemalt und zeigt eine junge Frau im Profil.
Piero del Pollaiuolo und sein Bruder Antonio waren bekannte Künstler des 15. Jahrhunderts in Italien und arbeiteten vorwiegend in Florenz und in Rom. Das Bild stammt ungefähr aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Die junge Dame auf dem Portrait ist sicher idealisiert dargestellt (damaliges photoshoppen 😉 ) und entspricht dem Schönheitsideal der italienischen Renaissance, das sich auch auf vielen anderen Bildern der Zeit wiederfindet.
Es fällt gleich auf, dass die junge Dame eine sehr hohe Stirn hat. In den heutigen Zeiten wirkt das auf uns eher ungewöhnlich und als nicht so erstrebenswert. Damals jedoch galt das Diktat der hohen Stirn. Dafür rasierten und zupften sich modische Frauen die Haare des Haaransatzes, um die Stirn optisch zu verlängern.
Wer dem Trend weiter entsprechen wollte, musste außerdem goldblondes Haar haben. Dafür wurde das Haar mit nicht sehr gesundheitsförderlichen Tinkturen geblichen (naja, das ist heute eigentlich auch noch so).
Die Haut musste hell und klar sein, die Wangen wurden nur ganz zart durch ein transparentes Wangenrouge auf dem Wangenknochen betont (sieht man auf meinem Bild leider nicht so gut, aber auf anderen, z.B. diesem hier). Die Augen blieben unbetont, die Wimpern wurden natürlich belassen. Die schmalen, stark ausgedünnten Augenbrauen wurden ebenfalls blondiert und wirken dadurch sehr zurückgenommen. Unter den Augenbrauen könnte man etwas hellen Highlighter vermuten. Der Mund wurde meist leicht rot gefärbt, auf “meinem” Bild sogar nur in zartem Beigerosa.
Auffällig ist, dass die Ohren, die Nase und auch der Mund sehr klein sind. Ebenfalls ein Ideal der italienischen Renaissance! Die Haare wurden gern in einer Haube oder einem Tuch verschlungen, womit ein höherer Hinterkopf modelliert wurde.
Dass die junge Frau wohlhabend war, sieht man an dem edlen Brokatsamt-Kleid mit Granatapfelmotiv, das sie trägt. Kostbarer geht es kaum. Ich stelle mir vor, dass sie ein echtes It-Girl in Florenz war 😉 ! Typisch für die Renaissance ist auch der hohe Brustansatz.
Insgesamt kann man also festhalten, dass der Teint sehr gleichmäßig und hell grundiert wurde. Die Wangenknochen wurden nur leicht betont und die Wimpern blieben natürlich. Der Nude-Look der damaligen Zeit, würde ich sagen. Im Fokus standen die hohe Stirn und das goldblond gefärbte Haar. Nase, Ohren und Mund waren im Idealfall puppig und klein.
Wie anders sah da Kleopatra aus! Es ist schon bemerkenswert, wie die Schönheitsideale und Moden sich immer wieder gewandelt haben und insbesondere die Frauen betrafen. Dieses Thema werde ich im Laufe der Reihe bestimmt noch öfter ansprechen.
Öffnungszeiten der Berliner Gemäldegalerie: Di-So 10-18, Do bis 22 Uhr. Matthäikirchplatz, 10785 Berlin.
Gefällt euch der Look der jungen Frauen aus der italienischen Renaissance? Geht ihr öfter in Ausstellungen oder Museen? Ich lasse mich dort mittlerweile gern kostümgeschichtlich oder makeuptechnisch anregen und halte mich besonders an Details auf. Und findet ihr so eine Reihe hier auf dem Blog interessant?
Dir fallen immer wieder Themen ein, die auch mich anregen und mir gefallen 🙂 Find ich spannend und interessant:-) Ich habe mich bis jetzt für die Geschichte des Film`s und für die Geschichte der Medizin interessiert aber DAS Thema könnte ein Hobby von mir werden. Ich gehe auch gern in Musseen. Wenn man im Museum ein bestimmtes Ziel hat, finde ich es nochmal interessanter.
Wenn man bedenkt, wie es in der Renaissance um die Hygiene bestellt war ………..? Aber die Kosmetik war ja zu dieser Zeit auch nur den reichen Leuten vorbehalten, die aber genauso viel Angst vorm Wasser hatten. Wie haben sie sich da überhaupt abgeschminkt ? Gar nicht ? oder gab es da für die schminkfreudigen Damen etwas anderes als Wasser ? Denn eine Grundierung hatten sie ja auch wie Du schreibst, da ist ja das ganze Gesicht “betroffen” 😉
Ob mir der Look gefällt, kann ich gar nicht so richtig sagen. Nicht so, dass ich Lust hätte, es auch bei MIR auszuprobieren 😉 Aber interessant genug, um es mal auf Bildern zu beobschten und zu vergleichen 🙂
LG
Ich finde das mit der hohen Stirn auch gewöhnungsbedürftig, aber das zeigt mir, wie vorübergehend Moden sind. Wahrscheinlich fänden die aus der Renaissance unsere Looks genauso seltsam 😉 Deswegen bin ich ganz deiner Meinung, ich finde es sehr interessant sowas anzusehen. Mit der Filmgeschichte ist es natürlich genauso, da kann man auch ganz toll Looks studieren 🙂 .
Abgeschminkt wurde sich wahrscheinlich mit Wasser, Öl wurde bestimmt auch benutzt. Aber ich habe darüber nichts gefunden, ist nur meine Vermutung. Liebe Grüße!
Ein sehr schöner, informativer Text. Und die Vergleiche mit der heutigen Zeit (It-Girl von Florenz:)) sind wirklich äußert amüsant!
Pingback: Makeup-History 3: Die schöne Okita aus dem alten Tokio « beautyjagd
Sehr interessanter Beitrag. Solche Beiträge finde ich auch deutlich spannender, als irgendwelche Produktvergleiche. Sie sind mal etwas GANZ anderes.
Im Kunstunterricht musste ich mal über Mode schreiben, speziell den Modeverlauf des Korsetts. Geschichte ist herrlich unspannend (und mein zweithassfach, als französisch weg war mein ersthassfach), aber wenn man aktuelle und hostorische themen miteinander verbindet, kann das sehr spannend werden.
*zustimm* und danke für Feedback! Genau deswegen mag ich Geschichte – nicht irgendwelche Zahlen auswendig lernen, sondern historische Zusammenhänge mit den heutigen Dingen vergleichen 🙂 .
Interessant finde ich, dass in der Malerei in Italien des frühen MIttelalters Blond DAS Schönheitsideal für Frauen war. Madonnen waren zu Beginn ihrer Darstellung in der italienischen Kunst im Regelfall blond, weswegen später nicht nur die italienische Kunst dies zeigte, sondern auch deutsche Maler diese Darstellungsweise übernahmen.
Man denke nur an die Verkündigung von Simone Martini oder später an den Maria Schnee Altar von Grünewald. Wie du ja gezeigt hast, waren schließlich in der Renaissance adlige Frauen bevorzugt blond (bei Botticelli z.B. total präsent). Woher kommt dieser Trend? In irgendeinem Seminar zur Sienesischen Malerei hat man uns mal erzählt, dass die Sienesen (die diesen Blond-Trend ausgelöst haben) wohl Frauen aus dem römisch-deutschen Reich für ihr blondes Haar bewundert haben…ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen, vielleicht ging es auch um die Nachfahren der Karolinger. Aus diesem Grund haben sie die Madonnendarstellungen wohl meist blond erschaffen. Ist eigentlich lustig. Ich frag’ mich, warum sie wieder brünett geworden sind? In der Hochrenaissance sind Madonnen wieder braunhaarig…vielleicht zur Abgrenzung zur normal schönen Adligen? Weißt du da was?
Greetz^^
Ah, studierst du etwa auch Kunstgeschichte *neugierig frag* ? Leider weiß ich nicht, woher der Blond-Trend damals kam. Es wäre aber mal spannend, genauer nachzuverfolgen, wann was aktuell war. Liebe Grüße 🙂
PS: Es ist wirklich lustig, denn heute sind die meisten Moden ja auch nicht mit der Ratio erklärbar…
Hallo du, ich schreibe gerade meine Abschlussarbeit in KuGe. Hab’ jetzt genug Semester auf dem Buckel.oO^^ Ja, das wäre wirklich spannend, wenn man wissen könnte, welche Situationen solch eine “Trendwende” ausgelöst haben. Da könnte man ewig darüber nachforschen, glaube das macht Spaß^^.
Dann wünsche ich Dir viel Erfolg!! Mein Magister in Kunstgeschichte liegt schon einige Jahre zurück 🙂 .