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Mit geschlossenen Augen die Rinde eines Baumes ertasten: Wie aufregend rau sich die Oberfläche anfühlt. Fest und fragil zugleich. Narben, die von überstandenen Gewittern und Brüchen erzählen. Von Neuanfängen und auch dem jährlichen Frühling. Lebenskraft im Inneren, die nach Außen geschützt wird. Was für ein verlässliches und beruhigendes Gefühl dieser Baum verströmt!
Ein Wechsel nach New York City: Die Redaktion des renommierten Beauty-Magazins Allure hat mit der September-Ausgabe 2017 das Ende des Anti-Agings ausgerufen und verbannt den Begriff Anti-Aging aus dem Heft. Chefredakteurin Michelle Lee fordert die Beauty-Industrie auf, besser auf ihre Wortwahl zu achten und zeigt im Foto über ihrem Editorial ausschließlich Produkte, die nicht mit Anti-Aging oder ähnlichen Worten beschriftet sind. Altern ist nichts, was man wie Viren auf dem Computer bekämpfen müsse. Denn Schönheit ist mehr als Jugendlichkeit und nicht nur für unter 35jährige reserviert. “Für jeden Tag, den wir älter werden, können wir dankbar sein”, schreibt sie.
Wie verrückt, dass Menschen (und insbesondere Frauen) nicht das Aussehen und die damit verbundene Ausstrahlung eines starken und gewachsenen Baumes haben dürfen – und immerzu wie ein junger glatter Sprössling aussehen sollen. Natürlich, das ganze Leben mit all seinen Chancen liegt zu diesem Zeitpunkt noch vor einem, und auch der Lebenssaft pulsiert wahrscheinlich etwas wilder in den Adern.
“Wie die Pflanze an sich die Blüte, so entfaltet der Körper an sich den Geist.” Dieses schöne Zitat von Rudolf Steiner hängt über meinem Schreibtisch und erfreut mich täglich. Denn nach meinen jüngeren Jahren, in denen mir Körperlichkeiten schon auch sehr wichtig waren, versuche ich nun seit geraumer Zeit, täglich meinen Geist weiter zu schärfen. Um mich an eine neue Art an Schönheit zu wagen, die nicht mehr nur etwas mit der Figur einer Teenagerin oder straffen Gesichtszügen zu tun hat. Sondern mit Esprit, Phantasie und auch Gelassenheit verbunden ist. Gut gepflegt will ich übrigens trotzdem sein, nicht dass es da zu Missverständnissen kommt 😉 .
Was ich dafür tue: Ich gehe ganz bewusst meinen Leidenschaften nach (das Schreiben habe ich sogar zu meinem Beruf gemacht), lasse mich gern von mir bis dahin unbekannten Dingen begeistern, versuche nicht stehen zu bleiben (aber auch nicht jedem Trend nachzulaufen), gelegentlich mutig zu sein, und liebe den Austausch mit Menschen, die meinen Horizont erweitern und mir das Herz wärmen – dann fällt auch die Selbstliebe leichter.
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es nichts bringt, sich an alten und vergangenen Verhältnissen festzuklammern. Ich habe das mal beruflich für ein paar Jahre gemacht, es ist unglaublich, wieviel Energie ich dadurch verloren habe! Es ist einer der wenigen Punkte im Leben, die ich ein bisschen bereue – also dass ich nicht zum guten Zeitpunkt loslassen konnte. Auf das Älterwerden kann man das genauso übertragen: Wer sich zu sehr darauf fokussiert, besonders jung auszusehen, hat leider keine Zeit und keinen Raum für die weitere Entwicklung und verliert dadurch nicht nur Energie, sondern verpasst auch ganz schön was! Denn eigentlich ist jede Zeit für sich spannend (oder auch einfach mal geruhsamer), wenn man sie jeweils annimmt.
Vielleicht hilft es, an den fortschreitenden Rhythmus der Jahreszeiten zu denken, den die meisten doch gern mögen: Im Frühling treibt es mich hinaus, ich liebe laue Sommernächte, gehe im Herbst gern lange spazieren und mache es mir im Winter gemütlich. Eng verbunden ist damit letztlich eine lebensbejahende Haltung und die Bereitschaft, innerlich die volle Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.
Auch gesellschaftlich tut es uns meiner Meinung nach nicht so gut, wenn eine immer älter werdende Gesellschaft ironischerweise kollektiv jung bleiben will. Es lässt jungen Menschen viel zu wenig Platz in ihren (wilderen) Entfaltungsmöglichkeiten – und raubt den älteren Menschen dazu ebenfalls einige Entwicklungen, wie z.B. die Wertschätzung des Erfahrungswissen (und das nicht nur im Beruf).
Ich bin für eine neue Definition des Älterwerdens, die nicht nur von Krankheiten oder Verfall geprägt ist (die es natürlich gibt!), sondern unabhängig davon Geistes- und Herzensbildung höher schätzt. Magazine sollten mal mehr über neue Einsichten oder die Eroberung neuer Persönlichkeitsebenen beim Älterwerden berichten als nur über den Verlust von straffer Haut und Dellen in den Oberschenkeln. Ich bin mir sicher, dass mit dieser Haltung auch die Zellbildung im Inneren aktiver bleibt, schließlich stoppt die Zellerneuerung auch nach dem Überschreiten der Altersgrenze von 40 oder 50 Jahren nicht! Und sich erst auf diese Weise eine “neue alte” Art an Schönheit und Attraktivität entwickeln kann.
Mein Wunsch für die Zukunft (ja, ich bin romantisch): Zu sein wie ein Baum, der mit zunehmenden Jahren stärker verwurzelt, aber auch weiter nach oben gewachsen ist und sich zugleich mehr geöffnet hat. Und dann – noch später – anderen Menschen, die sich an den Baum lehnen, Schutz und Kraft bieten kann. Und nicht zu vergessen: Weiterhin immer mal wieder eine neue Verzweigung ausprobieren 😉 !
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Wie ihr wahrscheinlich schon in der Überschrift gelesen habt, ist dies ein Sponsored Post der besonderen Art: Dr. Hauschka unterstützt hiermit meine Arbeit, ich konnte einen Blogpost über ein frei von mir gewähltes Thema schreiben. Der Druck, unter dem vor allem Frauen stehen, immer jung aussehen zu müssen, beschäftigt mich gerade als Beauty-Bloggerin durchaus – darüber kann man eigentlich nie genug Texte schreiben!
Der Begriff Anti-Aging hat auch in der Philosophie der Naturkosmetik-Marke Dr. Hauschka nichts verloren. Im Mittelpunkt steht das Leben im Rhythmus, die Produkte sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen. Mit dieser Einstellung hat Dr. Hauschka auch die Linie Regeneration entwickelt, die für reife Haut gedacht ist. Den neuen Regeneration Handbalsam mit Rotklee, Brutblatt und Ackerschachtelhalm habe ich bereits im Mai in meinen Beauty-Notizen vorgestellt, ich habe nun schon meinen dritten Flakon in Gebrauch. Mehr Infos gibt es dazu auf der Homepage von Dr. Hauschka.
Wenn ihr mögt, könnt ihr eure Gedanken zum Thema Anti-Aging unter dem Blogpost da lassen!
Das Bild von dem Baum, der sich beim Älterwerden tiefer verwurzelt und doch immer wieder die Äste in den blauen Himmel reckt (und neue Blätter austreibt) finde ich sehr schön.
Danke dafür!
Ja, ein Baum der jedes Jahr neue Blätter austreibt – das beschreibt es noch schöner als meine neuen Verzweigungen 🙂
Ich erschrecke mich auch immer wieder über den nicht mehr normalen Schönheitswahn,der in unserer Gesellschaft vorherrscht und durch die sozialen Netzwerke (Instagram) noch mehr gefördert wird. Ich mag solche Oberflächlichkeiten überhaupt nicht und wünschte mir etwas mehr Tiefgang.
LG Brigitte
Vielen Dank für das inspirierende Thema! Mich treibt das gerade auch sehr um – mit meinen Ende 30 bemerkt man doch die ersten größeren Veränderungen und stellt sich die Frage, wie geht man mit dem eigenen Älterwerden um… Vor einiger Zeit hab ich mal in alten Fotos von mir gestöbert – und zwei interessante Entdeckungen gemacht: Es gibt Fotos, auf denen ich viel älter aussehe als ich heute bin, obwohl ich gerade Anfang 20 war. Unglaublich, was dünn gezupfte Augenbrauen und das entsprechende Makeup bewirkten… Auf der anderen Seite dann Fotos, wo ich mich um selbst um die noch etwas prallere, jugendlichere Haut beneidet habe. Aber würde ich mit damals tauschen wollen? Da ist doch diese Naivität in meinem Blick, und das Mädchen ist noch auf der Suche (Okay, das bin ich natürlich immer noch, aber immerhin schon ein Stück weiter!!!) Ich bin eigentlich superzufrieden, dass ich da bin, wo ich jetzt bin! Klar, ich schreie auch nicht hurra angesichts der immer mehr werdenden grauen Haare und den feinen Linien, die wohl mal Faltern werden können – aber ich lasse mir von ihnen zuflüstern: Nutze Dein Leben, nutze diesen Tag! Auch Du bist nicht unsterblich, und Du wirst nicht jünger. Das ist aber kein Grund, traurig zu sein – sondern erst recht einer, das Leben zu genießen! Und das können wir ja am allerbesten in der Gegenwart. Wenn man Anti-Aging so versteht, dass man sich nicht um sein Alter kümmert, sondern einfach das Leben genießt, dann passt es wieder 😉
was fuer ein wunderbarer Artikel , liebe Julia, und mir vollkommen aus der Seele gesprochen, besser und klarer könnte man es nicht sagen?Ach, und an dieser Stelle auch tausend liebe Dankeschöns für alles was ich auf deinem Blog gelernt habe, und nicht nur über Naturkosmetik , die ich liebe und eifrig benutze, wünsch dir alles liebe und freu mich immer auf deinen blog
Ein wunderschöner und wertvoller Post, vielen lieben Dank für deine Gedanken zu diesem Thema! Und auf das diese Sichtweise sich (wieder) mehr verbreitet…
Solche sponsored Posts liest man sehr gerne 🙂
Die Baum-Metapher ist wunderschön! Und Danke, liebe Julia, dass du uns die Kommentare dazu schenkst :). Da ergreife ich gleich die Chance, meine Rolle als stiller Gast zu beenden.
Diese Woche hat mir eine Zeile aus dem Song “Everybody’s Free (To Wear Sunscreen)” (der auf der Kolumne “Advice, like youth, probably just wasted on the young” von Mary Schmich basiert) ziemlich die Augen geöffnet.
“But trust me, in 20 years you’ll look back at photos of yourself
and recall in a way you can’t grasp now … how fabulous you really looked”.
Wie Lilly K habe ich nämlich auch eine Fotostory:
Kurz zuvor hatte ich eins wiedergefunden, dass ich von der Situation her und als Erinnerung großartig fand, aber nie wieder angesehen hatte, da ich darauf überhaupt nicht schön aussah (diese Zornesfalte, vor der meine Oma mich schon als 6jährige gewarnt hat!). Und konnte das plötzlich gar nicht mehr nachvollziehen! Das Bild ist übrigens erst 2 Jahre alt. Dass ich mich so kritisch bewerte, hat mich ziemlich schockiert. Das Zitat kann natürlich als Gegenthese zu deinem Post aufgefasst werden. Aber mein Punkt ist hier, vielleicht etwas platt, den Moment und jedes Alter zu genießen und nicht zu viel Zeit mit dem Versuch, die Zeit irgendwie aufhalten zu wollen zu verbringen.
Hier in Shanghai kann sowieso kaum ein/e Westler/in mit der lokalen Hautbeschaffenheit mithalten und fast jede/r ist im Vergleich übergewichtig, ABER Alter ist dennoch positiver konnotiert kommt mir vor, so ähnlich wie du das mit dem wachsenden Baum beschrieben hast …
Liebe U Merle, das ist ja lustig, dass Du auch ein ähnliches Foto-Erlebnis hattest! Irgendwie scheinen Fotos besonders geeignet zu sein, um uns zu Vergleichen herauszufordern. Wie sah ich früher aus, wie sehe ich heute aus etc. Wir Menschen lieben es ja offenbar, Vergleiche zu ziehen – früher-heute, vorher-nachher, mein Haus-dein Haus (bzw. beim Thema Schönheit ja eher meine Haut-deine Haut ;-). Aber vermutlich ist es diese Vergleicherei, die uns nicht gut tut, weil wir uns ja doch immer an dem aufhängen, was am wenigstens erfreulich ist, wie wir beide bei den Fotos gesehen haben… Darum mal gefragt, was würde passieren, wenn wir nicht mehr die Möglichkeit zum Vergleichen hätten? Was wäre die Welt wohl ohne Fotos und ohne Spiegel? Wir wüssten nicht, wie wir selbst aussehen und aussahen – und damit wäre ein Großteil des Schönheitswahnes inklusive Anti-Aging-Bemühen schon erledigt! So lange nichts akut wehtut (und das tun ja weder Falten noch graue Haare ;-), wären wir wohl ziemlich zufrieden, zumindest was das Gesicht angeht… Und wir könnten uns auch nicht selbst schminken, sondern müssten uns von anderen schminken lassen – auch ein interessantes Gedankenspiel, wie wir wohl rumlaufen würden, wenn wir uns von anderen anmalen lassen würden?…
@ U Merle und @Lilly K: Ja, schon interessant was alte Fotos so auslösen! Ich kenne das auch: Da gibt es Fotos von mir als Teenager/anfang 20, da sehe ich viel gestresster und damit irgendwie älter aus als heute – auch wenn die Figur top und Haut straff war. Und auf anderen Fotos denke ich mir: Hach, ich hätte ruhig mal selbstbewusster sein dürfen, sah doch alles super aus! Tja, wer weiss, was ich in 10 Jahren über meine jetzigen Fotos denke… Insgesamt denke ich sowieso, dass Fotos eben auch nur 2 Dimensionen wiedergeben, und ich sowieso eher ein Mensch bin, der “in echt” besser rüberkommt als auf Fotos.
Danke für diesen wunderbaren Beitrag! 🙂