Ich weiß, ich bin etwas spät dran: Auf dem Rückflug von Seoul nach Nürnberg habe ich im November letzten Jahres die amerikanische Komödie “I feel pretty” mit Amy Schumer gesehen. Im Film geht es um eine junge Frau, die absolut durchschnittlich aussieht, sich aber dennoch nicht schön fühlt und wenig Selbstvertrauen hat. Nach einem kuriosen Unfall verändert sich ihr Selbstbewusstsein zum Positiven und sie hat plötzlich Gefühl, gut auszusehen. Durch diesen abrupten Wechsel ihrer inneren Einstellung – nicht der Optik, die bleibt gleich – verändert sich plötzlich ihr gesamtes Leben: Sie hat beruflich viel mehr Erfolg und lernt einen Mann kennen. Teils gibt es dabei köstliche, alberne Szenen, die mich im Flugzeug Tränen lachen ließen, z.B. wenn die Hauptdarstellerin voller Übermut an einem Bikini-Wettbewerb teilnimmt.
Trotzdem ist dieser Film natürlich nicht nur witzig gemeint, sondern beschäftigt sich mit dem aktuellen Thema Bodyshaming. Im Grunde zeigt der Film ein Gedankenexperiment: Was wäre, wenn insbesondere Frauen sich nicht mehr so stark durch ein optisches Idealbild, das in unserer Gesellschaft herrscht, verunsichern lassen würden.
Auch ich kenne das Gefühl, dass ich mir in der Beauty-Branche manchmal ein bisschen fehl am Platz vorkomme – eben weil ich nicht wie ein 16jähriges Model aussehe. Da trage ich doch tatsächlich eine Brille, kurze Haare und bin schon älter… und von einer Size Zero bin ich auch etwas weiter entfernt 😉 . Wie ist es bei euch: Habt ihr euch an einem der hochpolierten Kosmetik-Counter in Kaufhäusern oder Parfümerien als Kundin schon mal als ‘nicht genügend gut aussehend’ gefühlt? Ich lasse mich von diesem Gefühl möglichst wenig verunsichern, aber ich nehme in über-stylishen Etablissements manchmal durchaus ein gewisses Unwohlsein bei mir wahr. Schon einige Male habe ich mir gedacht, dass der stationäre Handel mehr Umsätze machen würde, wenn ich (und wahrscheinlich auch andere Menschen) dieses merkwürdige Gefühl des ‘Ungenügendseins’ dort nicht haben würden.
Weiter gedacht: Falls andere Frauen dieses Gefühl der Verunsicherung hinsichtlich der eigenen Optik auch kennen sollten, das ich eben beschrieben habe (und das definitiv nicht nur an Beauty-Countern fühlbar ist): Wie oft lassen sich Frauen dann vielleicht unbewusst davon abhalten, z.B. an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen oder auf ein Rednerpult zu steigen? Denn in solchen Situationen ist man schließlich gezwungen, sich ganz zu zeigen.
Aus genau diesem Grund mochte ich “I feel pretty”*: Nicht weil er propagiert, dass alle Menschen schön sind (das ist ja nun einfach mal nicht so). Der Film zeigt eher, dass Schönheit nur ein einzelner Punkt von vielen ist, der die Persönlichkeit des jeweiligen Individuums ausmacht. In unserer Gesellschaft wird dieser optische Aspekt meiner Meinung nach überbewertet, während Freundlichkeit, Humor, Klugheit, Einfühlungsvermögen oder andere Fähigkeiten irgendwie nicht so hoch bewertet werden. In “I feel pretty” – der Film stellt die Situation natürlich überspitzt dar – wird gezeigt, welche anderen Lebenserfahrungen machen kann, wenn man dem eigenen Aussehen etwas unbekümmerter und weniger kritisch gegenüber stehen würde. Das bedeutet nicht, dass ich mir nun unentwegt einrede, dass ich schön sei, sondern dass ich mir bewusst mache, dass meine Optik nur ein Teil meiner Persönlichkeit ist und mich so viele andere Dinge dazu ausmachen.
Es mag sich vielleicht abgedroschen anhören, aber ich habe die (bestärkende) Erfahrung gemacht, dass Echtheit in all ihren vielen Facetten auf Menschen letztlich viel stärker anziehend wirkt als eine glatte Oberfläche (oder der mühsame Kampf darum). Und das rufe ich mir immer dann in Erinnerung, wenn ich mal wieder zwischen umwerfend aussehenden Menschen stehe und eine Welle der Unsicherheit in mir hochsteigt.
Natürlich ist es nicht so einfach, den Schalter in dieser Hinsicht bei sich umzulegen. Instagram und Co. machen die Sache zusätzlich nicht einfacher – hier zählt meist knallhart das an die gesellschaftlich vorgegebene Norm angepasste Aussehen eines Menschen. Ich bin jedoch überzeugt davon (und arbeite auch selbst daran), dass man sich grundsätzlich nicht zu viel von Außen beeinflussen lassen sollte. Das gilt nicht nur fürs Aussehen, sondern vor allem dann, wenn es um die eigenen Träume und um persönliche Entwicklungen geht.
*Es gibt durchaus auch Aspekte im Film, die ich weniger gut fand – aber der Blogpost hier ist keine klassische Filmkritik, sondern sind meine Gedanken zum Thema.