Als ich am Montag an der Shinjuku Station aus dem Airport-Bus steige, nehme ich sofort etwas wahr, was ich sonst nicht in Tokyo kenne.
Es liegt etwas in der Luft: Ein grünlich-süßer Duft schwebt in den Straßen und tanzt um meine Nase herum.
Auch als ich mein Fenster im Hotelzimmer (9qm, aber alles drin) einen Spalt öffne (mehr geht nicht, es ist der 13.Stock), kommt dieser Duft sofort herein: Betörend, süß, und in meiner Vorstellung sind es weiße Blüten.
Also mache ich mich auf, der Sache auf den Grund zu gehen. Im nahegelegen Park, dem Shinjuku Gyoen, würde ich bestimmt fündig werden.
‘Was blüht denn da?’, denke ich mir, als ich durch den Park spaziere und immer meiner Nase nachgehe.
Es müssen höhere Bäume sein, denn sonst könnte ja nicht das ganze Stadtviertel beduftet werden! Und es müssen viele Bäume sein.
Ob es wohl dieser Baum ist? Ich zoome mit der Handykamera heran, aber leider kenne ich den Namen des Baums nicht. Auf jeden Fall duftet es hier intensiv. An anderen Stellen aber ebenfalls.
Ich bin mir schließlich nicht mehr sicher, ob es nur eine einzige Baumart ist, die für diesen speziellen Mai-Duft des Stadtviertels sorgt. Oder ob es nicht etwa doch ein Gemisch aus vielen unterschiedlichen Blüten ist – denn selbst an der Bustation entdecke ich eine üppig blühende Ranke.
*
Nun weiß ich, wie Tokyo im Mai duftet. Es ist vielleicht gar nicht so wichtig zu wissen, woher der Duft genau stammt.
Jeden Morgen, wenn ich mein Fenster im Hotel öffne, begrüßt mich dieser pflanzlich-süße Duft. Ich stelle mir vor, wie der Wind auch in der Nacht durch die blühenden Wipfel weht und Shinjuku in ein Frühlingsparfüm hüllt.