Spoiler: Vielleicht zu wenig. Doch von vorn: Wer mich kennt oder meinen Blog schon länger liest, weiß, dass ich Naturkosmetik liebe. Doch ich muss etwas gestehen. Innerlich muss ich bei der Erwähnung des Wortes Nachhaltigkeit mittlerweile selbst ein bisschen gähnen. Und das, obwohl mir doch die Naturkosmetik so am Herzen liegt! Wie könnte man also nachhaltige Kosmetik emotional ansprechender gestalten? Denn Kosmetik ist nicht nur funktionell, sondern löst auch jede Menge Emotionen aus. In diesem Beauty Briefing dreht sich alles um Chancen für ein neues Naturkosmetik-Storytelling – und welche Produkte mich in letzter Zeit begeistert haben. Viel Spaß beim Lesen!
Ich hatte es in meinem letzten Beauty Briefing bereits erwähnt: Der Vortrag auf der Fachmesse In-Cosmetics in Amsterdam über die Zukunft der nachhaltigen Kosmetik mit dem Titel “Turning the Tide: Eco-conscious is Business-conscious” von der Marktforschungsagentur Mintel hat viele meiner Gedanken auf den Punkt gebracht. Für den Analysten Andrew McDougall ist das Storytelling von nachhaltiger Kosmetik oft zu negativ, zu moralisch aufgeladen oder gar zu besserwisserisch. Er empfiehlt, das Thema Nachhaltigkeit zukünftig in der Kommunikation nicht mehr zu eng mit negativen Gefühlen (z.B. Schuldgefühlen, schlechtes Gewissen) zu verbinden. Um mehr Menschen für nachhaltige Kosmetik zu begeistern, rät er zu einem positiveren Reframing des Storytellings für nachhaltige Produkte.
(Verpasste) Chancen für Naturkosmetik?
Beim Vortrag musste ich daran denken, wie viele Chancen Naturkosmetik eigentlich hätte, ein emotional positiveres Marketing aufzubauen. So viele Menschen sehnen sich nach mehr Natur (eine chinesische Kosmetikfirma spricht sogar von einer grassierenden weltweiten ‘Nature deficit disorder’), nach der damit verbundenen Lebensenergie und ganz grundsätzlich nach kulturell-gesellschaftlicher menschlich-natürlicher Verbindung. Doch welche Naturkosmetik-Marke nimmt diese Steilvorlage eigentlich auf? Stattdessen verwurstelt man sich z.B. in diversen Biolabels und im Kampf, welches Siegel nun das beste sei (die Labels sind wichtig, können aber keinesfalls das Marketing einer Marke ersetzen).
Spaß an Kosmetik
In den letzten Jahren hat sich die Beautywelt stark weiterentwickelt: Kosmetikprodukte sind weit über die eigentliche Funktion hinausgewachsen und werden auch in anderen Kontexten geschätzt. Beauty wurde zum popkulturellen Objekt, zum Spielzeug, zum Sammelobjekt, zum Ausdruck eines Statements oder zum Community-Symbol. Bei meinen Beauty-Käufen (und die sind zahlreich 😉 ) sind in über 90% Emotionen im Spiel. Ein paar Beispiele in den folgenden Abschnitten:
Popkultur x Beauty
Seit langem sind Parfüms von Stars beliebt. Doch in den letzten Jahren hat die Beziehung zwischen Stars und Kosmetik ein neues Level erreicht: Viele Stars haben eigene Kosmetikmarken gegründet. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Marke Fenty von Rihanna, die damit ein starkes Zeichen für dunkle Haut in der Parfümerielandschaft setzt. Hailey Bieber ist nicht nur für ihre Glazing Milk, sondern auch für das Peptide Lip Treatment ihrer Marke Rhode weltweit bekannt geworden.
In Deutschland hat die Popkünstlerin Shirin David kürzlich ihre vierteilige Clean Girl Beauty-Routine in den Drogeriemarkt gebracht. Die Körperpflegeprodukte duften nach Blaubeermuffin und Karamell (trendy Gourmand-Duft); die Verpackungen orientieren sich an den gehypten Produkten von Sol de Janeiro. Die Formulierungen sind überwiegend naturnah bzw. “clean”, das Body Oil Creamy Blueberry Caramel Bliss von Shirin Beauty könnte glatt als Naturkosmetik (ohne Bio-Anteil) durchgehen. Die Produkte duften übrigens nicht künstlich oder zu intensiv. Ich mag das auf Sonnenblumenöl und Sheabutter basierende Körperöl sehr – weil es einfach sexy ist und Lebenslust versprüht. Hier geht es zur Homepage von Shirin Beauty.
Der Milky Drops Face Moisturiser von Merme gehört zu den neuen Produkten der Berliner Marke. Alle zwölf Inhaltsstoffe sind auf dem Fläschchen prominent gelistet, die minimalistische Formulierung verspricht, ein Mix aus Gesichtswasser und Feuchtigkeitscreme zu sein (ähnlich wie der Cream Skin Refiner von Laneige oder die Boum Boum Milk von Violette). Diese flüssige Feuchtigkeitspflege a.k.a. Milky Toner gehört definitiv zu den Beauty-Trendprodukten 2025; die Glazing Milk von Rhode und die Glazed Donut Skin von Hailey Bieber machten es vor. Ich verwende die milchige Flüssigkeit von Merme am liebsten unter meiner Sonnencreme als feuchtigkeitsspendende leichte Pflege. Liebe ich! Hier geht es zur Homepage von Merme.
Die dekorative und zertifizierte Naturkosmetik-Marke Und Gretel hat zwei Lippenpflegestifte herausgebracht, die ebenfalls an den Glazed-Look erinnern: Die neuen Tagarot Plumping Lip Balms von Und Gretel in den Nuancen Sheer Rose und Sheer Diamond schimmern appetitlich und erinnern an Zuckerguss auf den Lippen. Die Textur ist eher wachsig und nicht zu ölig, weshalb die Lipbalms gut auf meinen Lippen haften und die Feuchtigkeit bewahren. Hier geht es zur Homepage von Und Gretel.
Skinification
Apropos Plumping: Große Erfolge feiert die Active-Reihe von Manucurist, die Pflege und Nagellack auf neuartige Weise miteinander verbindet. Neben den beliebten Active Glows, die es mittlerweile in mehreren Nuancen gibt (ich habe hier über Active Glow geschrieben), wurde nun Active Plump von Manucurist lanciert. Der rosa-transparent schimmernde Nagellack soll durch die eingesetzten Pigmente sowie die geligere Textur des Lacks die Nägel optisch etwas aufgepolsterter aussehen lassen. Sieht gut aus und ist ganz einfach aufzutragen! Die Idee zu einem Plumping Nagellack wurde von aufpolsternden Lippenpflege-Produkten inspiriert. Ein ähnliches Crossover aus Nagellacken und Gesichtspflege sind die CC Polishes für verschiedene Hauttöne von Manucurist. Ich bin gespannt, welche innovativen Hybrid-Produkte sich Manucurist in Zukunft noch einfallen lässt. Hier geht es zur Homepage von Manucurist.
Von The Ordinary inspiriert
Vor etwa acht Jahren hat die Marke The Ordinary den Gesichtspflege-Markt revolutioniert: Statt eines Claims stehen einzelne Wirkstoffe mit Prozentangaben im Mittelpunkt des wissenschaftlich orientierten Marketings. Das zeitgeistige Konzept schlug ein und wurde von vielen anderen Firmen übernommen. An das Barrier&Soothing Serum mit Vitamin B12 von The Ordinary musste ich denken, als ich das Panthenol + Organic Chestnut Calming Serum von Farm loves Face als Pressesample erhielt. Es soll mit Panthenol, Kastanienblätterextrakt, Vitamin B12 und Betain Rötungen reduzieren, irritierte Haut beruhigen und die Barriere stärken. Die Textur ist spannend, sie ist gelig-geschmeidig und wirkt auf der Haut auch solo aufgetragen etwas schützend (ohne fettig zu sein). Die neben Wasser auf Aloe Vera basierende Formulierung kommt ohne Duftstoffe aus und könnte naturkosmetisch sein. Die rosa Färbung bringt zudem ein spielerisches Element in das Wirkstoffserum. Kann ich nur empfehlen! Hier geht es zur Homepage von Farm loves Face.
Diversity
In Zeiten von Ozempic und aufkommenden faschistischen Regierungen mit ihren entsprechenden Menschenbildern schätze ich es sehr, wenn Firmen sich für Diversity einsetzen. Mit Diversität meine ich ganz umfassend Merkmale wie das Geschlecht, die soziale und kulturelle Herkunft, das Alter, die sexuelle Orientierung, den Familienstand und auch die physische und psychische Verfassung eines Menschen. Kosmetikmarken wie Dove haben hierbei die Nase vorn. Weshalb scheuen sich die meisten Naturkosmetik-Marken eigentlich, sich offen für Diversität einzusetzen? Diesen Gedanken hatte ich, als ich den Anti Wundreib Stick von Alverde im Drogeriemarkt dm gekauft habe. Selbstverständlich kann er nicht nur von dicken Menschen mit aneinander reibenden Oberschenkeln verwendet werden, sondern ist auch bei längeren Radtouren oder bei scheuerndem Schuhwerk hilfreich. Die Textur des Sticks von Alverde ist ultrageschmeidig, haftet aber nicht ganz so gut wie Sticks mit Silikon. Sehr praktisch zum Mitnehmen! Hier geht es zur Website von dm. Dem amerikanischen Plus Size-Model und Unternehmerin Katie Sturino gelingt es mit ihrer Marke Megababe, solche Sticks als angesagtes Must-have und als Statement für Body Neutrality zu verkaufen. Auch Sol de Janeiro verpackt das Thema Körperformen und Hautfarben ganz non-chalant mit viel Lebensfreude in der Bildsprache.
Emotional Beauty
Gezielt auf Emotionen setzt die Neurokosmetik, in der Wirkstoffe zum Einsatz kommen, die die Gehirn-Haut-Verbindung positiv beeinflussen sollen. Die aktuelle Limited Edition von Lavera trägt den Namen Euphoria und hält neben einer Lidschattenpalette oder zwei Cream Blushes auch Mood Sprays bereit: Energy& Joy soll die Lebensfreude boosten und Energie schenken, das Moodspray Soft& Serenity von Lavera Gelassenheit und Entspannung fördern. Dafür sind nicht nur aromatherapeutische Duftmischungen im Einsatz, sondern auch ein neurokosmetischer Wirkstoff aus Wildem Indigo, der das Stresshormon Cortisol reduzieren kann. Hier geht es zur Homepage von Lavera. An dieser Stelle möchte ich unbedingt noch auf die französische Kosmetikmarke Neuraé hinweisen, die das Konzept der Neurokosmetik exzellent umgesetzt hat.
Bis auf das gekennzeichnte Pressesample habe ich alle gezeigten Produkte selbst gekauft.
Mit diesen emotional-kosmetischen Inspirationen wünsche ich allen eine schöne Beauty-Woche! Wer Lust hat, mit mir über das Thema ‘Naturkosmetik der Zukunft’ zu diskutieren, kann sich gerne bei mir melden 🙂