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In Kooperation mit ProTec Ingredia // So schön weich fühlt es sich an, wenn man über bemoosten Waldboden geht. Aber habt ihr Moos eigentlich schon mal mehr Beachtung geschenkt? Ich verbinde Moos in meinem Kopf mit feuchten Stellen im Wald, die auch im Winter noch grün sind. Auf meiner Reise in die Schweiz zu Mibelle Biochemistry habe ich Moos jedoch von einer ganz neuen Seite kennenlernen können. “Klein und grün” reicht als Beschreibung dieser speziellen Pflanzen nicht aus: Moose sind taffe Überlebenskünstler – an die man gar nicht so einfach herankommt.
Entwicklung von innovativen Wirkstoffen
Nach meinem Interview mit Firmengründer Dr. Fred Zülli werde ich freundlich von Bernhard Henes im Labor von Mibelle Biochemistry in Empfang genommen – ihr seht ihn auf dem Foto oben. Der Chemiker ist seit sechs Jahren bei Mibelle Biochemistry beschäftigt und hat vorher in der Forschung an einer Hochschule gearbeitet. In seiner Abteilung arbeiten sieben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich um die Entwicklung von neuen Rohstoffen und biotechnologische Verfahren kümmern.
Bernhard erzählt mir, dass klassische Pflanzenextrakte den größten Teil der Rohstoffe bei Mibelle Biochemistry ausmachen. Von Anfang an hat er sich jedoch für das Thema Biotechnologie engagiert, auch wenn der Aufwand bei der Entwicklung von kosmetischen Wirkstoffen mit biotechnologischen Verfahren groß ist: Man benötigt hierbei mindestens zwei bis drei Jahre Vorlauf für jeden Wirkstoff; und nur jeder dritte Wirkstoff wird dann final auch hergestellt. Allerdings werden viele innovative Rohstoffe erst durch neue Herstellungsverfahren ermöglicht: Innovationen sind – wie im letzten Kapitel der Beauty-Soap beschrieben – im Herzen der Mibelle verankert. Es spricht aber noch mehr für die neuen biotechnologischen Herstellungsverfahren: Nachhaltigkeit und Qualität. Was das genau bedeutet, werde ich gleich im Labor von Bernhard erfahren.
Eintauchen in die Welt der Moose
Wissenschaftliche Studien lösten das Interesse am Thema Moos bei Mibelle Biochemistry aus: Die Universität Freiburg betreibt Grundlagenforschung im Bereich der Pflanzenbiologie; Prof. Dr. Ralf Reski erforscht hier unter anderem den Einsatz von Moosen im medizinischen Bereich. Moose waren die ersten Pflanzen, die vor etwa 470 Millionen Jahren das Land besiedelten. Heute sind über 15.000 verschiedene Arten an Moos bekannt. Mir war neu, dass Moose ein Spezialgebiet innerhalb der Botanik bilden: Sie werden sogar kartiert, das heißt, man hält in Datenbanken fest, in welchen Regionen welche Moosarten wachsen und wie sie sich z.B. durch den Klimawandel verändern. Einige Moosarten sind leider vom Aussterben bedroht, weil deren Lebensräume so stark geschrumpft sind.
Und das, obwohl Moose extrem anpassungsfähig und belastbar sind: Sie halten je nach Art direkte Sonneneinstrahlung und Hitze oder Kälte und Frost aus; sie besitzen außerdem eine hohe Widerstandskraft gegen mikrobielle Angriffe. Entsprechend findet man sie sowohl in der Wüste, in kalten Gebieten wie der Tundra, in den Bergen über 6.000m und auch auf Steinen und sogar in Städten. Selbst wenn Moose über 1.500 Jahre lang von Eis bedeckt waren, können sie danach noch weiter wachsen! Mit ihren außergewöhnlichen Anpassungsstrategien bieten sie Eigenschaften, die nur ganz wenige Pflanzen aufweisen.
Moose haben ausgeklügelte Strategien zur Bekämpfung von Umweltbelastungen entwickelt. Da sie alle notwendigen Nährstoffe aus der Luft und dem Regen aufnehmen, binden sie dabei auch Schadstoffe wie Schwermetalle. Um sich selbst gegen diese toxischen Verbindungen zu schützen, besitzen sie große Mengen an Antioxidantien und anderen Schutzstoffen – das erklärt auch, weshalb Moose Millionen an Jahren überleben konnten. Für das ökologische Gleichgewicht sind sie ebenfalls von großer Bedeutung, weil sie z.B. Stickoxide oder Feinstaub absorbieren.
Fun Fact: Übrigens ist das Irisch Moos, das bei uns ja sehr bekannt ist, ausgerechnet kein Moos – sondern eine Alge.
Moos in der Kosmetik?
All diese spannenden Eigenschaften weckten bei der Mibelle Biochemistry die Neugierde auf Moose: Wenn ein kleines Pflänzchen so widerstandskräftig ist, dann wäre es ja interessant zu wissen, was es in Kosmetik bewirken kann! Schon nach den ersten Auswertungen und Forschungen zeichnete sich ein ganz neues Anti Aging-Konzept am Horizont ab.
Für die Entwicklung des neuen Wirkstoffs wurde das ‘Kleine Blasenmützenmoos’ (Physcomitrella patens) ausgewählt. Das Laubmoos gilt in der Moosforschung als Standard-Organismus und Benchmark. Fast ein bisschen schwärmerisch sagt Bernhard zu mir: “Es ist wirklich eine Schönheit unter dem Mikroskop!”
Aber wie kommt man nun am besten an das Moos heran? Um sich zu vermehren, bilden Moose so genanntes Protonema aus, also jugendliches Gewebe – eine Art Moosteppich entsteht. Allerdings verläuft das Wachstum sehr langsam, es kann bis zu fünf Jahre dauern. Schnell wurde bei Mibelle Biochemistry deswegen klar, dass eine Wildsammlung nicht in Frage kommt: Man würde damit zu viel der Pflanzenwelt zerstören. Als problematisch stellte sich außerdem heraus, dass Moose in der freien Wildbahn gerne mal Parasiten, Pilze und andere Organismen beherbergen. Um einen reinen Wirkstoff zu erhalten, wären aufwändige Reinigungsprozesse des Pflänzchens nötig.
Und wie wäre es dann mit dem Bio-Anbau von Moos? Ausgerechnet eine der attraktiven Eigenschaften des Mooses machte hier Schwierigkeiten: Es ist kaum zu kontrollieren, welche Schadstoffe die Moose aus der Luft aufnehmen – selbst wenn das Moos nach Bio-Richtlinien angebaut wird. (Viele Tiere fressen übrigens kein Moos, da es mit Schwermetallen und Stickoxiden belastet sein kann.)
Es hat also offenbar seinen Grund, weshalb Moos in der Kosmetik bisher kaum genutzt wurde; ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Bezug des Rohstoffs ist gar nicht so einfach… Was nun? Wie schafft es die Mibelle Biochemistry, doch an den hochinteressanten Wirkstoff heranzukommen?
Während bei Mibelle Biochemistry weiter getüftelt wird – und das braucht jede Menge Zeit – gucke ich zusammen mit ProTec Ingredia nochmals bei Codif in der Bretagne rein und lerne die lebensfrohen Gründer näher kennen.