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In Kooperation mit ProTec Ingredia // “Was macht eigentlich unser Moos?”, frage ich Birgit Haemel von ProTec Ingredia. “Es lohnt sich auf jeden Fall, dass wir jetzt unbedingt nochmals ins Forschungslabor der Mibelle Biochemistry kommen,” teilt sie mir freudig mit. Von den Algen in der Bretagne zu den Moosen in der Schweiz ist es in botanischer Hinsicht gar nicht so weit: Innerhalb der Evolution waren Moose die ersten Pflanzen, die es vom Meer auf das Land geschafft haben. Und das ging nur, weil die Moose so widerstandskräftige und anpassungsfähige Pflänzchen sind – und damit die Welt veränderten.
Biotechnologische Innovation
Im Labor des Schweizer Rohstoff-Herstellers Mibelle Biochemistry begrüßt mich Bernhard Henes wiederum herzlich. Ich habe den Chemiker bereits in der vorletzten Folge meiner Beauty-Soap vorgestellt. Mit seinem Team ist er für die Entwicklung von neuen Rohstoffen und biotechnologischen Verfahren verantwortlich. Dass es gar nicht so einfach ist, Moos für einen kosmetischen Wirkstoff zu gewinnen, wurde mir bei meinem letzten Besuch der Mibelle Biochemistry klar: Anbau oder Wildsammlung von Moos kommen aus Gründen der Nachhaltigkeit und schwankender Qualität nicht in Frage. Da das Moos jedoch so interessante Inhaltsstoffe aufweist, machte sich das Team von Mibelle Biochemistry daran, einen neuen Weg zu gehen.
In Kooperation mit Prof. Dr. Reski von der Universität Freiburg hat man ein innovatives biotechnologisches Herstellungsverfahren entwickelt. Die speziellen Eigenschaften von Moos waren dafür ideal geeignet: Wird Moos durch eine äußere Einwirkung (wie z.B. einen Schnitt) verletzt, gibt die betroffene Zelle diese Information sofort weiter. Nun geschieht etwas Außergewöhnliches: Aus der Blatt-Zelle bildet sich jugendliches Zellgewebe, das Protonema genannt wird. Die Schnittstelle wird also nicht nur repariert, wie man es erwarten könnte, sondern es entwickelt sich eine neue Pflanze daraus. Um mir zu verdeutlichen, was das bedeutet, vergleicht Bernhard das mit dem Menschen: Würden wir uns wie ein Moos verhalten, dann würde aus einer Armverletzung gleich ein neuer Embryo nachwachsen. Sagte ich schon, dass die Moose toughe Überlebenskünstler sind?!
Diesen Prozess der Bildung von jungem Zellgewebe ahmt man nun bei Mibelle Biochemistry in einem Phytoreaktor nach: In einem abgeschlossenen Behältnis befindet sich eine Flüssigkultur, wie man sie z.B. auch von Mikroalgen-Kulturen kennt. Oben auf dem Foto seht ihr eines dieser Behältnisse im Kleinformat, das für die Forschung im Labor von Mibelle Biochemistry verwendet wird. Regelmäßig wird die Protonema-Suspension durchgemixt, so dass sich innerhalb von 3-4 Wochen zahlreiche neue Protonema-Zellen ausbilden.
Damit sich das jugendliche Zellgewebe wohlfühlt, müssen allerdings viele Parameter beachtet werden. Die Zusammensetzung der Nährstofflösung und der enthaltene Stickstoffanteil sind ebenso entscheidend wie die Beleuchtung und auch die regelmäßige Bewegung des Behälters: Nur durch rhythmische Schwankungen bekommen alle Mooszellen genügend Licht und vermehren sich.
So, Schritt eins ist also geschafft: Mibelle Biochemistry ist es mit der neuentwickelten Biotechnologie gelungen, auf nachhaltige Weise an junges Mooszellgewebe heranzukommen. Allerdings ist diese grüne Flüssigkeit nun noch längst kein Rohstoff, der in Kosmetikprodukten eingesetzt werden kann. Um die interessanten Eigenschaften von Moos in Kosmetik verfügbar zu machen, musste das Team um Bernhard weitere Entwicklungen anstoßen.
Vom Moos zum kosmetischen Wirkstoff MossCellTec™ No. 1
Mit einem Sieb wird zunächst das flüssige Mooszellgewebe gefiltert, dabei werden Flüssigkeit und Biomasse voneinander getrennt. Anschließend steht die Extraktion des Mooses an: Mit einem klassischen Alkoholauszug waren die Ergebnisse nicht zufriedenstellend, da viele der wertvollen Inhaltsstoffe des Mooses darin nicht mehr enthalten waren. Über ein halbes Jahr arbeitete Mibelle Biochemistry daran, eine schonendere Methode zu entwickeln. Um die hohe Wirkstoffdichte des Mooses zu erhalten, wird das pure Protonema nun mit einer speziellen Kaltpressung mit hohem Druck extrahiert.
Der so entstandene Extrakt wird dann sprühgranuliert, also auf Maltodextrin verteilt. Und tadaaa, nun endlich haben wir den puren Aktivstoff in Pulverform! Dank des Granulats werden keinerlei Konservierungsstoffe benötigt. Hersteller von Kosmetik müssen den pulvrigen Wirkstoff lediglich in Wasser auflösen. Er entspricht übrigens dem Cosmos Standard für Naturkosmetik.
Was MossCellTec™ No. 1 von Mibelle Biochemistry kann
Einen Namen hat der Wirkstoff aus Moos selbstverständlich auch verdient: In der Bezeichnung MossCellTec™ No. 1 steckt, woraus der Aktivstoff besteht und wie er entwickelt wurde. Eine Innovation ist nicht nur das neu entwickelte biotechnologische Verfahren zur Herstellung des Stoffes, sondern auch die Wirkung von MossCell Tec™ No.1.
Und was kann MossCellTec™ No.1 alles? In Studien wurde nachgewiesen, dass der Moosextrakt die Zellkern-Gesundheit von gealterten Hautzellen verbessert. So werden die Struktur und Aktivität des Zellkerns der reifen Haut erhalten, dieser Zellkern-Schutz ist somit ein neues Anti-Aging-Konzept. Zusätzlich wird mit MossCellTec™ No.1 die Barrierefunktion der Haut unterstützt und die Hautfeuchtigkeit erhöht. Durch die Verbesserung der Zellkern-Vitalität kann sich die Haut zudem besser an klimatische Belastungen anpassen, auch dies wurde in einer klinischen Studie nachgewiesen. Allgemein wird mit MossCellTec™ No.1 die Widerstandsfähigkeit der Haut gestärkt – und hiermit schließt sich der Kreis zum widerstandskräftigen und anpassungsfähigen Moos.
Was ich in den letzten Monaten im Labor von Mibelle Biochemistry gelernt habe: Es ist ganz schön aufwendig, einen neuen, innovativen Kosmetik-Wirkstoff zu entwickeln. Einige Pflanzen wie Moos lassen sich nicht einfach auf nachhaltige Weise sammeln oder anbauen. Um sie zu gewinnen, müssen neue Verfahren entwickelt werden, wofür viele Jahre an Arbeit und Forschung sowie jede Menge Know-how benötigt werden. Wurde dann – wie in unserem Fall – das Moosgewebe mit einem biotechnologischen Verfahren gewonnen, ist die Entwicklung noch immer nicht abgeschlossen. Passende schonende Extraktionsmethoden sind erforderlich, um die Wirkstoffdichte des Mooses zu erhalten. Und schließlich muss die Wirkung des Aktivstoffs in Studien genau erforscht werden… Wie das geschieht, werde ich demnächst noch erfahren.
In der nächsten Folge finde ich aber erst mal heraus, wie der Rohstoff-Hersteller Codif in der Bretagne sich für neue Wirkstoffe inspirieren lässt. Spoiler: Manchmal kommt man in der Mittagspause auf die besten Ideen 🙂 .