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In Zusammenarbeit mit ProTec Ingredia // Über die Erforschung und Herstellung von neuen kosmetischen Wirkstoffen habe ich in den letzten Folgen meiner Beauty-Fortsetzungsgeschichte bereits viel erfahren. Nun wurde ich neugierig darauf, die andere Seite kennenzulernen – also die Firmen, die die Roh- und Wirkstoffe von ProTec Ingredia einkaufen und in ihren Kosmetikprodukten verarbeiten.
Zunächst habe ich dabei ganz klassisch an Kosmetikunternehmen gedacht, die ihre eigenen Produkte herstellen. Doch ein großer Teil der Kosmetik wird auch bei Lohnherstellern produziert. Das bedeutet, dass z.B. Drogeriemärkte, Discounter oder Supermärkte die Produktion ihrer Eigenmarken (auch Handelsmarken genannt) dort in Auftrag geben. Denn Händler sind ja in erster Linie Handelsunternehmen und keine Hersteller: Sie können so auf das gebündelte Know-how eines Lohnherstellers hinsichtlich Formulierung, Produktion oder Verpackung zurückgreifen.
Ich freue mich sehr, dass ich den Diplom-Chemiker Dr. Rolf-Dieter Schilling, langjähriger Leiter der Forschung & Entwicklung der Maxim Gruppe, für ein Interview gewinnen konnte. Wir kennen uns schon seit einigen Jahren und sind uns immer wieder auf Kongressen, Seminaren oder Messen begegnet. Dr. Schilling ist ein mindestens (!) so leidenschaftlicher und umtriebiger Beautyjäger wie ich, was ihn zu einem äußerst spannenden Gesprächspartner macht. Am besten erreicht man Dr. Schilling abends, wenn etwas Ruhe in seinem Büro eingekehrt ist.
Im Fokus der Maxim Gruppe: Innovation und Forschung
Bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Dr. Schilling bei der Maxim Gruppe beschäftigt, die 1980 von Dr. Rolf Giesen gegründet wurde. Das Unternehmen ist mittlerweile einer der größten und innovativsten Lohnhersteller für Kosmetik in Europa. An fünf Standorten in Deutschland, Frankreich und Luxemburg entwickeln und produzieren über 1.200 Mitarbeiter kosmetische Produkte aus Bereichen wie der Gesichts- und Körperpflege, dekorative Kosmetik, Haarpflege, Düfte oder Zahnpflege. Übrigens besitzt die Maxim Gruppe auch eigene Marken, darunter die zertifizierte Naturkosmetik-Marke Cosnature und die traditionsreiche deutsche Marke Kaloderma (existiert seit 1881).
Wie mir Dr. Schilling gleich zu Anfang unseres Gesprächs erklärte, geht es bei der Maxim Gruppe längst nicht mehr darum, lediglich Produkte nachzuahmen, die bereits auf dem Markt existieren. Im Fokus stehen viel mehr Weiterentwicklungen und eigene Ideen für Produkte, die die Attraktivität der Handelsmarken von Drogerie- oder Supermärkten steigern. So hat die Maxim Gruppe beispielsweise vor vielen Jahren erstmals Ampullen Booster Seren in den Discounter gebracht. Damals galten Ampullen noch als reine Kosmetikstudio-Anwendungen, jetzt sind sie dagegen fast überall erhältlich.
Gern arbeitet man bei der Entwicklung von neuen Konzepten mit Spezialisten oder Forschungsinstituten zusammen. Ein Meilenstein für Maxim war dabei die Kooperation mit der Universität in Barcelona zur Entwicklung von innovativen Coenzym Q10-Liposomen vor mehr als 15 Jahren – lange Zeit eines der Alleinstellungsmerkmale für hochwertige Gesichtspflege-Produkte. So bleibt die Maxim Gruppe immer auf dem neuesten Stand, was Beauty-Trends oder die Erforschung von neuen kosmetischen Wirk- und Rohstoffen angeht. Auch deswegen schätzt Dr. Schilling die Zusammenarbeit mit dem kompetenten Distributor für kosmetische Roh- und Wirkstoffe ProTec Ingredia sehr.
Auf dem Foto oben könnt ihr einen Blick ins Labor der Maxim Gruppe werfen. Die beiden Mitarbeiterinnen im Vordergrund bezeichnet Dr. Schilling als “Matadorinnen und Mütter der Gesichtspflege der Maxim Gruppe”, die seit mehr als zehn Jahren alle Ideen von ProTec Ingredia umsetzen.
Fünf Fragen an Dr. Schilling von der Maxim Gruppe
Bevor wir loslegen: Auf dem Foto steht rechts Dr. Schilling (neben einem internationalen Gast) vor einem ausrangierten, jedoch neu gestylten Kosmetikmischer. Diesen hat der Maxim-Gründer Dr. Giesen 2015 als Geschenk von der Belegschaft zum Geburtstag geschenkt bekommen – als Symbol für das Prinzip der Maxim Gruppe, immer wieder neue Wege zu beschreiten. Links auf dem Mischer ist übrigens ein Produkt der oben bereits erwähnten Klassiker-Marke Kaloderma abgebildet.
Beautyjagd: Apropos ProTec Ingredia – wie kann ich mir die Zusammenarbeit von Herstellern von Roh- und Wirkstoffen und der Maxim Gruppe konkret vorstellen?
Dr. Schilling: Meistens stellen die Lieferanten ihre neuen Roh- und Wirkstoffe proaktiv bei uns vor. Sie besuchen uns vor Ort, manchmal auch begleitet von Marketing-Experten, die uns über neue Beauty-Trends informieren. Wegen der derzeitigen Corona-Pandemie finden diese Präsentationen jetzt fast alle via Video Call oder in Webinaren statt. Selbstverständlich besuchen wir viele Messen oder Seminare und halten die Augen offen, auch was neue wissenschaftliche Studien zu Roh- und Wirkstoffen angeht. Nicht zu vergessen sind die regelmäßigen Newsletter, natürlich auch von ProTec Ingredia, und das Verfolgen der nationalen und internationalen Fachliteratur. Oft lassen wir uns Muster zuschicken und natürlich auch ein Preisangebot machen, um für künftige Projekte gut vorbereitet zu sein. Wenn wir dann mit der Herstellung eines Produkts loslegen, wird unsere Einkaufsabteilung aktiv und bestellt die ausgewählten Roh- und Wirkstoffe. Diese werden dann hier bei uns geprüft und schließlich verarbeitet.
Beautyjagd: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Roh- und Wirkstoffe aus?
Dr. Schilling: Tatsächlich verändern sich die Kriterien immer wieder. Nachhaltigkeit war lange kein so großes Thema; nun ist es z.B. entscheidend, mit welchen Technologien oder welchem Energieaufwand Roh- und Wirkstoffe hergestellt werden. Viel Zukunft steckt für mich in natürlichen, biotechnologisch hergestellten Roh- und Wirkstoffen: Für den Wirkstoff PhytoCellTec Malus Domestica von Mibelle Biochemistry müssen beispielsweise nicht ständig Äpfel geerntet werden, denn die Stammzellen werden bei Mibelle kultiviert. Die Maxim Gruppe hat diesen bahnbrechenden, hochwertigen Wirkstoff übrigens vor mehr als zehn Jahren mit großem Erfolg in Kosmetik-Produkten für den Discounter eingesetzt. Denn ich war von Anfang an davon überzeugt, dass Verbraucher bemerken, was Qualität ausmacht! Auch Handelsmarken setzen sich mittlerweile durch einzigartige und wissenschaftlich erforschte Wirkstoffe von anderen Produkten ab. Qualität ist für mich also ebenfalls ein wichtiges Kriterium für die Auswahl von Roh- und Wirkstoffen. Die Leistung eines Produkts muss einfach stimmen und die Creme auf der Haut funktionieren, auch unter dermatologischen Gesichtspunkten.
Außerdem darf man nicht vernachlässigen, dass die Sensorik eines Produkts (also wie die Creme sich auf der Haut anfühlt) wichtig ist, Kosmetik ist schließlich auch ein sinnliches Erlebnis! Und nicht zu vernachlässigen: Ein Wirkstoff soll positive Assoziationen hervorrufen. Wer muss bei Algenextrakten nicht auch gleich an einen entspannten Tag am Meer denken? Oder beim Moosextrakt ans Waldbaden (ein Trend, der gerade sehr angesagt ist)? Abgesehen davon, dass jedem Gärtner sofort klar ist, wie widerstandsfähig Moos ist 😉 . Kunden können die Geschichten von solchen Wirkstoffen sofort nachvollziehen. Wir versuchen, den größtmöglichen Überblick über neue Wirkstoff-Entwicklungen zu haben, so dass wir für jede neue Produktidee die passenden Inhaltsstoffe kennen.
Beautyjagd: Und wie lange dauert es bei Ihnen, ein neues Produkt zu entwickeln?
Dr. Schilling: Die vielen Produktentwicklungsprozesse laufen bei uns parallel ab, und das Tempo ist sehr hoch. Normalerweise wird ein neues Produkt in 6-8 Monaten entwickelt (inklusive der mehrwöchigen Wirksamkeits- und Sicherheitstests). Allerdings kann es auch mal sein, dass wir nur vier Monate Zeit haben – es geht sehr schnelllebig in der Beauty-Branche zu.
Beautyjagd: Welche generellen Entwicklungen sehen Sie aktuell hinsichtlich der Wirkstoffe?
Dr. Schilling: Das Angebot an Roh- und Wirkstoffen ist heute riesig. Früher gab es ein wesentlich eingeschränkteres Angebot, da waren z.B. Hyaluronsäure oder Vitamine. Mittlerweile weiß man viel mehr darüber, wie die Haut funktioniert. Die Forschung betrachtet die Hautgesundheit in den letzten Jahren stärker ganzheitlich, Stichworte sind hier z.B. das Mikrobiom (Hautflora) oder auch Adaptogene (Pflanzenstoffe, die die Stressresistenz erhöhen). Man denkt grundsätzlicher darüber nach, wie die Haut auf Dauer gesund und schön bleiben kann, und möchte ihr die besten Daseinsmöglichkeiten bieten. Kosmetik soll dabei helfen, die Hautbarriere in Balance zu halten und die Haut dabei unterstützen, sich selbst zu helfen. Beispiele dafür wären, dass Kosmetik die „nachhaltige“ Bildung von körpereigener Hyaluronsäure oder körpereigenem Collagen anregt statt sie der Haut ständig nur von außen zuzuführen.
Beautyjagd: Sie sind schon lange in der Kosmetikbranche tätig. Warum sind Sie noch immer mit so großer Begeisterung dabei?
Dr. Schilling: Ich bin wirklich froh, dass ich als Chemiker in der Kosmetikbranche gelandet bin! Obwohl ich bereits im Pensionsalter bin, arbeite ich trotzdem weiter. Ich schätze den Austausch und die Begegnungen mit anderen Fachleuten. Und auch, dass sich in der Kosmetikbranche ständig viel bewegt und verändert. Es ist mein persönlicher Antrieb, immer wieder die beste kosmetische Lösung zu finden. Wie heißt es so schön in der Poesie-Schatztruhe der Rockmusik: „Wenn Träume sterben, dann wirst Du alt!“
Allerdings gefällt mir in der Kosmetikbranche nicht alles. Ich finde es sehr schade, dass Kosmetik so oft schlecht geredet wird oder einzelne Inhaltsstoffe als “toxisch” bezeichnet werden. Kosmetik ist insbesondere in der EU streng reguliert, oft differenzierter als der Bereich der Lebensmittel. In der Kosmetik kommen viele Wissenschaften zusammen, es ist deutlich komplexer als man vielleicht denken könnte.
Meiner Meinung nach zeigt die Kosmetikbranche zu wenig, was sie alles kann. Ohne Kosmetik würde es den Menschen schlechter gehen: Was würde man z.B. ohne eine Sonnencreme oder ohne einen Lippenstift machen? Darüber hinaus ist Kosmetik sinnlich und regt durch schöne Texturen und Düfte die Imagination im Gehirn an. Es gibt sogar Studien, die durch die Messung der Pupillen- und Herzfrequenz zeigen, dass Glücksgefühle beim Auftragen einer Creme ausgeschüttet werden. ‘Anti-Aging’ als Begriff ist ja mittlerweile sowieso ein umstrittener Begriff; wie wäre es, wenn zukünftig eher Gefühle statt Falten in den Mittelpunkt von Kosmetik gestellt werden? Schönheit ist vielleicht nicht der Schlüssel zum Glück, aber Glück ist der Schlüssel für Schönheit.
Beautyjagd: Danke für das Interview mit diesem wunderbaren Schlusswort 🙂 !
Photo Credits: Maxim Gruppe
In der nächsten Folge lernen wir eine weitere Expertin aus der Branche kennen. Sie hat einen Beruf, den ich bisher noch nicht kannte…