Here you can find an English version of this article.
In Kooperation mit ProTec Ingredia // In meiner Beauty-Fortsetzungsgeschichte gab es bereits jede Menge darüber zu lesen, wie eine Pflanze in einen Cremetiegel hineinkommt: Zwischen dem Anbau bzw. der Sammlung der Pflanzen bis hin zur Verarbeitung zum Kosmetik-Rohstoff liegen viele Schritte. Wie kann man eigentlich nachverfolgen, ob im Wirkstoff noch die ursprüngliche Pflanze steckt? Und wie stellen Hersteller sicher, dass es sich auch wirklich um die Pflanze handelt, die ausgelobt wird? Um mehr darüber zu erfahren, frage ich Pierre-Yves Morvan, Forschungs- und Entwicklungsleiter bei Codif, den ich hier schon vorgestellt habe. Er kann mir von aufregenden Entwicklungen hinsichtlich der Identifizierung und Rückverfolgung von Pflanzen in kosmetischen Wirkstoffen berichten.
Wie man Pflanzen analysieren kann
Pflanzen werden systematisch nach ihrer botanischen Familie, Gattung, Art und Sorte geordnet. Ganz klassisch kann man Pflanzen anhand ihrer Form und Struktur bestimmen. Zusätzlich kann man die Inhaltsstoffe von pflanzlichen Extrakten im Labor mit einer chemischen Analyse unter die Lupe nehmen. Für weitergehende Erkenntnisse ist seit einigen Jahren auch eine DNA-Analyse möglich – eine Methode, die in Zukunft noch sehr viel wichtiger werden wird. Und genau darum geht es in meinem Gespräch mit Pierre-Yves.
Seit 2012 beschäftigt sich der in der Bretagne beheimatete Hersteller von marinen Kosmetikwirkstoffen Codif mit der DNA von Algen. Unter dem Kürzel DNA versteht man eine Nukleinsäure im Zellkern, die die Erbinformation trägt – also den Bauplan der Gene. Jede Pflanze hat einen einzigartigen genetischen Code, der sie von anderen Pflanzen unterscheidet. Die weiße Lilie (Lilium candidum) weist beispielsweise eine andere DNA als die weiße Königslilie (Lilium regale) auf. So lassen sich Pflanzen sicher authentifizieren, denn auf genetischer Ebene unterscheiden sich einzelne Arten oder auch Sorten voneinander.
Die DNA-Analyse funktioniert sogar, wenn die Pflanze nicht mehr gesamthaft, sondern nur noch pulverisiert oder auf andere Weise weiter verarbeitet vorliegt. Hier kämen sowohl die klassische Pflanzenbestimmung als auch die chemische Analyse an ihre Grenzen. Damit sind wir bei den kosmetischen Rohstoffen angelangt: Codif kann mit einer DNA-Analyse nicht nur die exakte Pflanzenart bestimmen, sondern auch rückverfolgen, ob der Wirkstoff tatsächlich aus dem richtigen Pflanzenmaterial hergestellt wurde. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn der Anbau nicht vor Ort erfolgt oder aber es leicht Verwechslungen mit anderen Arten geben kann.
DNA Barcoding und Metabarcoding
Für die wissenschaftliche DNA-Analyse arbeitet Codif mit dem biotechnologischen Labor DNA Gensee aus Grenoble zusammen, das sich auf die Analyse der Erbinformationen von Pflanzen, Algen und Bienenprodukten spezialisiert hat. Für die Bestimmung von Pflanzen setzt man auf die Barcoding-Technologie: Dafür wird die DNA der Pflanze extrahiert und sequenziert. Optisch ähnelt das Ergebnis dann einem industriellen Strichcode, daher der Name “Barcoding”. Die ausgewählten Markergene werden anschließend mit anderen Codes aus einer Datenbank verglichen, um die Pflanze exakt zu identifizieren.
Für bereits verarbeitetes (z.B. mit Wasser oder CO2 extrahiertes) Pflanzenmaterial nutzt man kürzere DNA-Sequenzen als beim klassischen Barcoding. Hier spricht man dann vom Meta-Barcoding. Selbst diese kleineren DNA-Stücke erlauben es, die Pflanze, aus dem der Rohstoff besteht, nachzuverfolgen und ihre Authentizität zu prüfen.
Entscheidend für die sichere Identifikation der Pflanzen via DNA-Analyse ist selbstverständlich eine gut gepflegte und umfangreiche Datenbank. Nur so können die Codes jeder Pflanze oder Alge nachgeschlagen und miteinander verglichen werden. Man kann sich gut vorstellen, was für ein riesiger Aufwand es ist, die gesamte Pflanzen- und Algenwelt mit ihrer jeweiligen individuellen DNA zu katalogisieren. Codif engagiert sich hierbei und steuert umfangreiches Wissen über Algen bei.
Consortium DNA & Cosmetics
Zusammen ist man stärker und erreicht mehr: Vor zwei Jahren wurde das ‘Consortium DNA & Cosmetics’ gegründet. Neben dem oben bereits erwähnten Forschungsinstitut DNA Gensee gehören dem Konsortium vier große Kosmetikunternehmen (L’Oréal, LVMH, Clarins sowie Nuxe) sowie drei Hersteller von Kosmetikwirkstoffen (Codif, Greentech, Sederma) an: Für dieses einmalige Projekt arbeiten die Konkurrenten zusammen, was ganz schön ungewöhnlich und einzigartig ist.
Das erklärte Ziel des Projekts ist es, die Sicherheit von pflanzlichen Materialien durch die Rückverfolgung vom Anbauort bis hin zum Wirkstoff garantieren zu können. Gerade beim Kauf von natürlichen Rohstoffen ist es für die Hersteller von Kosmetik unabdingbar, den pflanzlichen Ursprung genau zu kennen. Auch Verunreinigungen oder Verfälschungen entlang der Lieferkette können so ausgeschlossen werden. Transparenz und Nachhaltigkeit greifen dabei ineinander: Durch die bessere genetische Kenntnis der Pflanzen und Algen werden z.B. drei der von der UN entwickelten Nachhaltigkeitszielen sowie das Nagoya-Protokoll (ein Umweltabkommen, das den nationalen Zugang und die Nutzung von genetischen Ressourcen regelt) unterstützt.
Was man mit DNA Barcoding über Pflanzen und Wirkstoffe erfährt
Aus wissenschaftlicher Hinsicht ist diese neue Technologie der DNA-Analyse ebenfalls interessant: Codif stellte anhand von eigenem Rohmaterial für Wirkstoffe fest, wie sich Pflanzen an geographische als auch klimatische Gegebenheiten anpassen. Kluge Natur! So unterscheidet sich die DNA der gleichen Pflanzenart, wenn sie an verschiedenen Orten wächst: Die DNA-Analyse zeigt, ob die Strandlilie Pancratium maritimum (wird für den Kosmetikwirkstoff Neurolight verwendet) im Mittelmeerraum oder aber in der Bretagne angebaut wird. Auch Lavendel kann übrigens mit dieser Methode geographisch verortet werden – ein chinesischer Lavendel kann auf diese Weise nicht als südfranzösischer Lavendel verkauft werden.
Dank der neuen Erkenntnisse hat Codif außerdem begonnen, den Anbau bzw. die Ernte von Pflanzenmaterial und auch die Herstellungsprozesse zu optimieren: Anbaupartner werden dazu angehalten, die Umstände beim Anbau der Pflanzen noch genauer zu dokumentieren.
Das Interesse an der Arbeit des Consortiums DNA & Cosmetics in der Branche ist groß, erklärt mir Pierre-Yes zum Schluss unseres Gesprächs. Denn eine steigende Anzahl an Verbrauchern fordert – zu Recht – noch mehr Transparenz, Sicherheit und Nachhaltigkeit bei der Herstellung von Kosmetikprodukten.
© Copyright des Fotos ganz oben liegt bei Codif / DNA Gensee und wurde mir für diesen Blogpost zur Verfügung gestellt.
In der nächsten Folge der Beauty-Fortsetzungsgeschichte gibt es etwas zu feiern. Stay tuned!